Man sagt jeder von uns hat zumindest eine Geschichte in sich, eine Erzählung, vielleicht ein Roman, vielleicht ein Schauspiel. Sucker Punch ist ein Beispiel für eine dieser Geschichten die besser nie nach draußen gekommen wären.
Ein Sucker Punch ist nach allgemeiner Definition ein Schlag ohne Vorwarnung. Insofern ist Regisseur Zack Snyder schon mit dem Titel eine Zusammenfassung seines Films gelungen.
Zack Snyder hatte mit dem Remake des Zombieklassikers Dawn of the Dead großen Erfolg, um dann mit zwei durchaus gut aufgenommenen Comicverfilmungen sein Talent für dieses Genre zu beweisen, namentlich 300 und Watchmen.
Comicartig, diesmal mit deutlich japanischem Animeeinschlag, kommt auch dieser Film daher, nur gibt es diesmal keine Vorlage, das Script wurde von Zack Snyder in Zusammenarbeit mit Steve Shibuya selbst geschrieben. Dies zeigt selbst der beste Regisseur mit Affinität zum Genre taugt nicht unbedingt als Drehbuchautor. Wer den Film nicht kennt sollte nicht weiterlesen, denn ich muss bei der Idiotie etwas mehr in Detail gehen.
Der Film erzählt die Geschichte von Babydoll, einer zwanzigjährigen jungen Frau die nach dem Tod der Mutter zusammen mit ihrer jüngeren Schwester in die Obhut ihres Stiefvaters gegeben wird. Der mag den Mädchen nicht nur platonisch seine Zuneigung zeigen, woraufhin Babydoll im Schlafanzug die Flucht via Regenrinne antritt. Derart abgewiesen versucht es der Stiefvater bei der weniger reaktionsschnellen jüngeren Schwester, unterbrochen von Babydoll die mit einer Waffe ins Zimmer stürmt, schießt und dabei leider nur ihre kleine Schwester trifft und damit umbringt.
Sehen wir nicht cool aus? Nun sag schon, cool oder?
Dies führt zu einer Einweisung von Babydoll in eine Irrenanstalt, wo ihr Stiefvater einen Pfleger besticht, um an Babydoll in fünf Tagen eine Lobotomie vornehmen zu lassen.
Schon in dieser Szene ergeben sich erste Probleme, Babydoll steht in Hörweite und hätte recht viele Gelegenheiten bei den Therapiesitzungen ihrer Psychiaterin einen Hinweis auf diese Machenschaften zu geben. Weder die Tatsache, dass sie als geisteskrank eingestuft wird und man ihr nicht glauben könnte, noch ihr aktueller Schockzustand kann hier wirklich als Erklärung dienen. Denn die Lobotomiegeschichte ist leicht prüfbar und Babydoll ist geistig wach genug, um sich während der Einweisung bereits umzuschauen und benötigte Gegenstände für eine spätere Flucht wahrzunehmen. Bleibt als letzte Erklärung ein mieses Drehbuch und die zieht sich wie ein roter Faden durch die ganze Veranstaltung.
Da die Zeit in der Irrenanstalt auch wegen des zudringlich werdenden Pflegers nicht so viel Spaß macht, wie man gemein hin erwarten möchte, flüchtet sich Babydoll eine Realitätsebene weiter und nimmt den Ort nun als Bordell mit Zwangsprostitution wahr. Solide Wahl, das ist doch genau die Komfortzone in die man sich als junges Mädchen flüchtet oder?
Alles was wir nun sehen hat zwar ein Äquivalent in der realen Welt des Irrenhauses, dies wird uns aber erst am Ende des Films wieder gezeigt.
Babydolls herannahende Lobotomie wird in dieser Fantasie ersetzt durch den Verkauf ihrer Jungfräulichkeit an einen High Roller, der Fluchtbedarf bleibt somit der gleiche. Zu diesem Zweck verbündet sie sich mit vier weiteren Mädchen aus dem Bordell. Eines davon hat sie vor einer versuchten Vergewaltigung durch den Koch gerettet, was immerhin die ersten gesprochenen Worte durch unsere Protagonistin 20 Minuten nach Filmbeginn bedeutet.
Eine weitere wichtige Aufgabe der hier gefangenen Mädchen ist erotisches Tanzen für die Besucher. Dies kann Babydoll offensichtlich so gut, dass alles was zusieht in ihren Ban gerät, wir kriegen während sie tanzt allerdings eine weitere Realitätsebene gezeigt, die dem Film den Titel längstes Musikvideo aller Zeiten eingebracht hat.
Ja, das ist die passende Metapher für den Film, eine absolutes Desaster, verbrannte Erde, von der ich mit meinem kurzem Röckchen nur bedingt ablenken kann. Purer Symbolismus.
Wann immer Babydoll auf dieser Ebene ankommt wird ihr von einem älteren Herrn eine Aufgabe zugeteilt, um dann den Rest der Zeit mit surrealistischen Kampfszenen in verschiedenen Settings zuzubringen. In der ersten Runde macht er sie darauf aufmerksam sie benötigt fünf verschiedene Dinge zur Flucht, eine Karte, Feuer, ein Messer, einen Schlüssel und eine fünfte Sache die sie selber rausfinden muss. Er gibt ihr ein Katana und ein Set hübsch blinkender Pistolen um sie dann im Rest der ersten Sequenz gegen übergroße Ninja kämpfen zu lassen.
Auf dieser Realitätsebene finden wir uns nun auch immer wieder wenn es daran geht eine der Gegenstände zu besorgen, sei es die Karte im Grabenkampf gegen Zombiesoldaten aus dem ersten Weltkrieg, im Kampf gegen Orks und Drachen in Sequenz zwei um das Feuerzeug eines Wärtes zu stehlen, oder in dem missglücktem Versuch ein Messer beim Koch einzusammeln der den Tod eines ihrer fünf Helfer nach sich zieht.
Während die Damen hier leicht bekleidet durch die Szenarien hüpfen, werden sie begleitet von Coverversionen von populären Musikstücken, darunter Sweet Dreams, Army of me, I want it all und We will rock you. Das ist mal eine Auswahl.
Sucker Punch ist ein Film der einfach nicht funktioniert, auf der einen Seite will er intelligent sein, mit seinen vielen Ebenen, Metaphern, Symbolismus und überhaupt Konzeptkino. Funktioniert natürlich nur wenn man nicht zu sehr über die Details nachdenkt, denn die Metaphern selber sind schon recht fragwürdig.
Auf der anderen Seite ist das andere Kernstück, die Actionszenen, ohne tieferen Sinn. Diese würden eher in einem leichtherzigen Actionfilm passen, was nicht harmonieren will, während der Rest des Films eher deprimierend daherkommt. Wobei man bei Action auch immer dem Zuschauer einen Bezug zur Action geben muss, ein reales Risiko und Charaktere, mit denen man mitfiebert. Das Ganze muss einen mitreissen, und hier hilft auch die beste Musikauswahl nicht mehr um das zu erreichen.
Insgesamt ist dieser Film ein Tiefschlag und eine Beleidigung der Intelligenz des Zuschauers.