Winters Bone

Bei Winters Bone handelt es sich um einen Independent Film von Debra Granik, er spielt in den Ozarks Mountains im südlichen Missouri. Hier herrscht Südstaaten Tristesse, eine Region die nicht in das Bild von Amerika als Land des Aufbruchs passt.

Der Film erzählt die Geschichte von Ree Dolly, hervorragend dargestellt von Jennifer Lawrence, die nach ihren Vater sucht, suchen muss. Denn das Familienoberhaupt wurde beim Drogenherstellen erwischt, und hat das Haus und Grundstück der Familie als Sicherheit für die Kaution hinterlegt. Erschienen ist er nicht zu seinem Gerichtstermin, und die Suche gestaltet sich aufgrund der unkooperativen Nachbarn/Verwandten als schwer bis schmerzhaft. Am Ende findet sich die Leiche des alten Herrn, und die Hände, schnell amputiert, reichen um das Kautionsproblem zu lösen.

Nun schieß schon das Eichhörnchen ab, dann gibts Frühstück. Immer nur Pfannkuchen ist auf Dauer ja auch nichts

Ein professioneller Kritiker würde sicher so in etwa schreiben, ein großartiges Drama, so karg und konzentriert und doch so leidenschaftlich und vehement. Damit läge er nicht falsch, denn so übersichtlich die Handlung daherkommt, so eindringlich entwickelt sie sich inmitten einer farblich entsättigten, atmosphärisch ausgeprägten Welt die ihre eigenen Regeln hat. Immer folgt der Film den Weg der Protagonistin, es ist ihre Geschichte, ihre Heldenreise.

Lange hält sich der Film nicht mit Vorgeplänkel auf, wir erleben Ree bei in ihrem Alltag, auf die jüngeren Geschwister achten, den Haushalt versorgen, zur Schule gehen und die depressive Mutter pflegen. Dann bricht die Handlung über die Protagonistin herein, die Notwendigkeit den Vater zu suchen um die Existenzgrundlage der Familie zu schützen.

Die erste Spurensuche, der Weg unserer Protagonistin zu den in der Umgebung wohnenden Onkel, Cousins und anderen Verwandten, mag dramaturgisch recht dünn erscheinen, doch  hier werden die Region und der Menschenschlag der hier lebt, die Regeln dieser Gemeinschaft authentisch und eindringlich vorgestellt.

Statt Hillbilly Romantik mit Schwarzgebranntem ist man hier moderner geworden, nun kocht man Crystal Meth, raucht Joints statt Zigaretten und schnupft Kokain statt Schnupftabak. Das sind noch die deutlichsten Anzeichen der Moderne in der verfallenden Welt, ein Schritt in die richtige Richtung auf der falschen Straße. Ansonsten herrscht allgemein Stagnation.

Trotz vieler Stereotypen, wie das inzestgeplagte Dorfvolk, die mafiös patriarchale Struktur, nie werden aus den Leuten klischeeartige Karikaturen richtiger Menschen.

Die Heldenfahrt von Ree geht weiter, die Rückschläge, Schweigen, Abweisung, Selbstzweifel dargestellt im fruchtlosen Gespräch mit ihrer Mutter, Gewalt, Hilfe durch einen weisen Berater in Gestalt ihres Onkels, am Ende Erfolg, Überwinden der Schwierigkeiten und Belohnung.

Ja, das sieht übel aus, aber ihr solltet mal die anderen sehen. Andere Länder, andere Formen Familienstreitigkeiten zu regeln.

Ja, der Erfolg und das Ende, die Damen der Umgebung, die gleichen die sie wegen zu vieler Fragen verprügelten, ihr dabei einen Zahn ausschlugen und ein verfrühtes Ableben Rees als weiterführende Maßnahmen in Betracht zogen haben einen Sinneswandel. Sie führen Ree zur Leiche ihres Vaters, und dort werden dann mit Hilfe einer Motorsäge die Hände mitgenommen. Diese Wendung kommt ein wenig unerwartet, wobei die Motivation hier noch nachvollziehbar ist, schlussendlich werden all diese Frauen die Schwierigkeiten von Ree recht gut nachempfinden können. Die Tüte mit der die Hände dann abgeliefert werden mit ihrer Thank you Aufschrift ist reichlich makaber, jedoch die Motivation nicht zu viele Fragen zu stellen nimmt man dem Polizisten ab. Das am Ende der Herr welche die Kaution stellte mit einer Tüte Geld vorbeikommt ist meines Erachtens des Guten zu viel.

Denn so Happy ist das Ending dann auch wieder nicht, die siebzehnjährige Ree scheint im Leben nicht mehr allzu viele Optionen zu haben, als quasi Familienoberhaupt muss sie sich noch eine Zeit um die jüngeren Geschwister kümmern, einzig die Armee scheint eine Alternative zu sein um der Tristesse der ärmlichen Gemeinde zu entkommen. Ree ist weiterhin auf sich allein gestellt, aber es geht immerhin weiter wie bisher, es wird nicht schlechter.

In jedem Fall ist dieser Film eine gelungene Milieustudie, eine Erinnerung daran, dass Amerika aus mehr besteht als aus Kalifornien, New York und Detroit.

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