Auf ins All. Christopher Nolan bietet uns einen Ausflug zum schwarzen Loch, die besten Wellen für Surfer und natürlich ein flammendes Plädoyer für sandsturmresistenten Genmais.
Bei Christopher Nolan scheiden sich die Geister, er ist für den zweitbesten Batmanfilm verantwortlich, hat aber auch den zweitschlechtesten herausgebracht. Für geniale Filme wie Inception kommt dann auch immer mal wieder sowas wie Interstellar.
Wobei das mit Interstellar irgendwie so ist wie mit der DDR, war ja nicht alles schlecht, nur irgendwie insgesamt dann doch. Da scheint auf der Welle von Gravity durchaus was zu gehen im Science Fiction Bereich, und irgendwie ist das hier dabei rausgekommen. Was genau ist mir noch nicht völlig klar, ich weiß nur, dass es mit drei Stunden definitiv zu lang war.
Zunächst versucht Nolan immer wieder sich an 2001 – Odyssee im Weltraum anzudocken wie seine Fähren an sein Raumschiff. Ich bin zwar kein Fan von Kubricks langatmiger Weltraumoper, man muss ihm zumindest zugute halten, dass er an den wesentlichen Stellen auf große Erklärungen verzichtete und sie der Interpretation des Zusehers überließ. Die ebenfalls nicht zu leugnende Ästhetik von 2001 erreicht Interstellar ebenfalls nicht.
Das Setting, statt Klimawandel machen gewaltige Sandstürme den Menschen zu schaffen, die fegen die Pflanzen weg was sowohl der Nahrungs- als auch der Sauerstoffproduktion abträglich ist. Ich bin kein Biologe, soweit ich allerdings weiß kommt mindestens die Hälfte des Sauerstoffs aus dem Meer und inwieweit das sich von der Sandstürmen beeindrucken läßt ist mir unklar. Wir nehmen also hin, Sauerstoff wird ausgehen, Nahrung wird ausgehen, Erde unbewohnbar, Menschheit am Arsch.
Damit die Menschheit überlebt, bastelt die Nasa an einer EXIT Strategie. Da kommt ein beim Saturn plaziertes Wurmloch gerade günstig. Dadurch schickt man einige Wissenschaftler damit man sich die Planeten auf der anderen Seite mal anschauen kann. Sobald man was Bewohnbares hat holt man die Menschheit nach, oder man nimmt ne Tüte befruchteter Eizellen und züchtet sich was Neues wenn einem die Transportkosten zu hoch sind.
Nachdem wir das aus dem Weg haben, schauen wir uns unsere Protagonisten mal an. Da haben wir Cooper, Ex Astronaut, jetzt Farmer. Seine Tochter Murphy, aufgeweckter, rebellischer Rotschopf. Da seine Tochter wohl einen Poltergeist in ihrem Zimmer hat, der die Koordinaten einer geheimen NASA Basis daläßt, fahren die beiden von der Farm mitten in die Handlung. Die NASA ist beglückt ihren besten Piloten, den sie gut brauchen können und den sie vorher nicht gesucht hatten, anzutreffen, denn sie hätten da noch nen schönes Himmelfahrtskommando für ihn.
So verabschiedet sich Cooper von Murphy und seinem Sohn um den Wissenschaftlern nachzureisen, um mal zu gucken wohin wir umziehen können. Seine Tochter findet das nachvollziehbar nicht so toll und schmollt erstmal eine Weile im „Papa hat mich im Stich gelassen“ Modus. Der Start des Raumschiffes und das Andockmanöver sind dann angenehm realistisch und schnörkellos. Damit ist das erste Drittel des Films auch geschafft.
Im Mittelteil reist die Crew dann durchs Wurmloch, und verliert über 20 Jahre weil der erste Planet direkt neben dem schwarzen Loch hängt, der Ereignishorizont zeitverzerrend wirkt und beim Start der Motor wortwörtlich absäuft. Das gibt Murphy Zeit das passende Alter zu erreichen um eine gute Wissenschaftlerin zu werden. Als nächstes besucht die Crew den durch Einsamkeit leicht durchgeknallten Wissenschaftler von Planet zwei, die Charaktermotivationen werden fragwürdiger, und statt wie normale Menschen zu reden, werden die Dialoge zu größeren pseudointellektuellen oder philosophischen Monologen. Inmitten einer dieser Monologe stirbt der durchgeknallte Wissenschaftler von Planet zwei weil er beim Raumschiff falsch eingeparkt hat und die Crew kann nur noch Planet drei ansteuern indem sie am schwarzen Loch vorbeisurft und Roboter nebst Pilot da reinschmeißt.
Ich will nicht Adam und Eva mit dir spielen. Diese Mission geht für alle an die Substanz.
Im schwarzen Loch angekommen muss Cooper erneut umschulen, von Pilot zu Poltergeist, schubst ein paar Bücher im Zimmer seiner Tochter, die dann in ihrer erwachsenen Variante leider recht selten ihr altes Zimmer aufsucht, aber zumindest pünktlich zum Erkenntnisgewinn eintrifft. Das alles während man über fünfte Dimensionen und ähnlichem redet. Cooper morst noch schnell die menschheitsrettende Formel durch und wacht dann auf einer Raumstation der Menschen nähe Saturn auf, pünktlich um zur Sterbeszene seiner Tochter dabei zu sein.
Die will ihn aber nicht dabei haben und schickt ihn zu seiner Reisebegleitung zu Planet drei, denn die ist einsam, hat zwar ihre Antipathie zu ihm bestenfalls in Respekt nach seinem noblen Opfer verwandeln können, sollte aber auch nicht allein mit den genetischen Menschheitszüchtungszeug spielen. Ein wenig natürliche Fortpflanzung kann ja parallel nicht schaden.
Am Ende des Films fragt man sich ernsthaft, was man da eigentlich gerade gesehen hat. Nicht die einzige Frage die sich stellt. Was zur Hölle bringt denn die Wesen oder Menschen der Zukunft dazu, die Menschen erst durch Wurmlöcher und dann durch schwarze Löcher zu schleusen, damit sie hinterm Bücherregal noch die Logiklöcher erforschen können? Hätte ne Mail mit der passenden Formel es nicht auch getan, die Nummer mit dem Sekundenzeiger, der zeitlebens im Takt weiterzuckt war doch auch nicht wirklich ne gute Lösung.
Die Grundidee, was machen wir wenn wir umziehen müssen, aber nicht umziehen können, war erstmal gut. Auch die Tanks mit befruchteten Eizellen waren eine gute Idee. Wie man so eine neue Menschheit dann auf den passenden Wissenstand bringt ist sicher ein interessanter Punkt, sich selbst überlassen könnte das massiv in die Hose gehen, die wenigsten Säuglinge kommen mit sowas klar.
Als Plus des Films könnte man das sich Zeit und weniger CGI Effektgewitter auf den Zuseher regnen lassen anführen. Die Roboter waren auch recht interessant, mal ein kreatives Design mit einem gewissen Monolithen nachHAL, das man sie auf Humor programmiert hat kam mal mehr, mal weniger an. Weniger hilft in jedem Fall die Musik, die immer dann laut dröhnend daherkam wenn der Zuschauer kurz mal aufwachen sollte, hey, es wird dramatisch, guck mal, du guckst ja gar nicht…naja warum wohl.
Interstellar ist die Form „intelligentes“ Kino das um drei Ecken denken lassen will, die man heutzutage leicht mit wirklich intelligentem Kino verwechselt. Anfangs kommt das Ganze noch wissenschaftlich daher, gegen Ende ist es einfach nicht zu ertragender Schwachsinn.